Sterben gefährdet ihre Unsterblichkeit

fischblogLars
Die Sache mit der Unsterblichkeit ist ja einer dieser Menschheitsträume – klingt erstmal ganz gut, und ewiges Leben in der einen oder anderen Weise zu versprechen ist ja auch bei Religionen Standard. Und sterben soll ja auch nicht so dolle sein. Allerdings habe ich da durchaus Bedenken, ob es wirklich so toll ist, hunderte Millionen Jahre alt zu werden.

In der Literatur jedenfalls ist Unsterblichkeit oft nur als bedingt erstrebenswert dargestellt. Ich denke da spontan an Wowbagger den unendlich verlängerten, der ja im Anhalter durch seine Unsterblichkeit in ein dezidiert antisoziales Hobby getrieben wird, oder der eher fragwürdige Unsterbliche Smeeth in Quest, der ja seine Unsterblichkeit als Strafe erlangt. Und natürlich die “kleinen Götter” bei Pratchett, die vergessen und machtlos in der Wüste vegetieren.

Heute hat die Wissenschaft das Unsterblichkeitsversprechen für sich vereinnahmt, entweder biologisch oder kybernetisch. Wie unerfreulich aber auch ein solches Szenario wäre, kann man in der für mich gruseligsten Episode der Sterntagebücher nachlesen, in der Ijon Tichy schließlich in einem Gnadenakt eine unsterblich gemachte und in einem Kristall gefangene Frau zerstört.

Also in der Summe denke ich, dass die Literatur da das bessere Gespür hat als Religion oder Wissenschaft: Unsterblichkeit – ohne mich.

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jhermesjhermes
Ja, ich erinnere mich auch noch an ein altes Hausmärchen, wo einer Frau die Unsterblichkeit beschieden wurde, diese mit zunehmendem Alter immer immobiler ward, schließlich in einem kleinen Glasgefäß in der Kirche vor sich hinvegetierte und sich nur alle paar Jahre mal milde regte. Hat mir damals ziemliche Angst gemacht. Ohnehin habe ich mich oft gefragt, wie man im versprochenen Paradies (katholisch, ich) die Zeit totschlägt, wenn man schon alles mal gemacht hat. Ist mir wenig bis gar nichts zu eingefallen. Ich bin da eher bereit, meine eigene Endlichkeit zu akzeptieren und den Platz und die Ressourcen, die ich verbrauche, irgendwann jemand anderem zu überlassen. Wobei die Unsterblichkeitsüberlegungen zur Zeit ja ins Virtuelle gehen, was Platz und Ressourcenansprüche ja modifizieren könnte. Wer weiß, vielleicht sattel ich ja nochmal um.

Dierk HaasisDierk
Ach ja, unsterblich sein – der ewige Traum derjenigen, die meine, sie würden etwas verpassen. Klar, ist natürlich ein netter Gedanke, seine Kinder groß werden zu sehen, Enkel werfen, die wieder groß werden und Urenkel in die Welt setzen … Natürlich würde man sie auch sterben sehen, was Captain Jack Harkness [und seit einiger Zeit auch der Doctor selbst] doch eher nicht so prickelnd finden. Oder die Nachkommen sterben nicht, was die Frage aufwirft, ob die Tötung von Menschen zwecks Nahrungsmittelbeschaffung moralisch i.O. wäre.

Dabei ist die Lösung ja naheliegend: Finde dich damit ab, dass deine Gene nahezu unsterblich sind [also mache Kinder!] oder schaffe ein Werk, dass zukünftige Generationen unverzichtbar finden [erheblich schwerer als Kinder zu machen!].

Vielleicht schafft es die moderne Gentechnik sogar, uns wieder auf das Sexleben von Einzellern zu bringen, dann wäre das mit der Unsterblichkeit nur noch davon abhängig, ob jemand mit Desinfektionsmitteln oder Medikamenten gegen uns vorgeht.

jhermesjhermes
Durch unsere Gene oder unser Schaffen unsterblich zu werden, kann uns natürlich nur metaphorisch vor dem Tod bewahren. Letzteres hatte auch Don Carlos in Schillers gleichnamigen Stück im Sinn, als er “23 Jahr, und noch nichts für die Unsterblichkeit getan” äußerte (ironischerweise hab ich ihn genau aufgrund dieses Spruches nicht vergessen).

Gänzlich unmetaphorisch und schnöde geht es aber doch eigentlich um die Verlängerung des Lebens mit, wie Lars sagt, biologischen oder kybernetischen Mitteln. Um die Bewahrung des Ich, des eigenen Bewusstseins, über eine längere Zeitspanne als die meist weniger als 100 Jahre, die uns gemeinhin zur Verfügung stehen. Entweder, weil man Angst hat, etwas zu verpassen oder sich einfach vor dem Nicht-Sein fürchtet. Durchaus verständliche Beweggründe für unheilbar Kranke, ihren Körper einfrieren zu lassen, um dereinst in einer medizinisch besser ausgestatteten Zukunft weiterleben zu können oder für andere, die darauf hoffen, ihr Ich einmal digital auf einen nicht-verfallenden Körper zu ziehen. Die Frage ist halt nur, ob wir einfach so aus der Hülle, in die wir geboren wurden, heraustreten und die Tür hinter uns schließen können. Oder ob wir, wie die Weinbergschnecke, ohne unsere Behausung zugrunde gehen. “Wenn wir ein Bewusstsein in Code gießen können und es läuft dann im Internet, dann läuft das halt im Internet”, wie @tante hier äußert (ca. ab Min. 35:00), halte ich jedenfalls für eine spaßige, wenngleich etwas naive Vorstellung. 

christoroliachristorolia
Was wir dem Tod verdanken, ist die Begrenzung des Lebens. Würde es diese Grenze nicht geben, würde alles gleichgültig werden. Der Tod als Grenze fordert auf, bewusst zu leben, Lust wird vernichtet, wenn wir sie immer genießen (wollen). Alle Lust will Ewigkeit, aber die Ewigkeit ist ihr Tod. Gäbe es den Tod nicht, müssten wir ihn erfinden, um nicht an Langeweile zu sterben;-) Es ist die Grenze des Todes, der die Freude am Leben zu verdanken ist.

dahlem
Der Gedanke an den eigenen Tod kann sehr befreiend sein. So habe ich es erfahren. Wenn sich meine Gedanken über persönlich empfundene Ungerechtigkeit verdunkeln, werden sie sofort wieder hell und milde, wenn ich daran denke: ach irgendwann biste ja tot. Ich fürchte, wir würden uns in ungeheueren Rachefeldzügen verlieren, wenn wir wüssten, ich habe da noch eine Rechnung offen und unendlich viel Zeit, den wichtigeren Dingen später noch nachzugehen.

Ute GerhardtUte
Ich hatte ja gestern auf Twitter schon einen Text von Nietzsche* verlinkt, der mir da aus der Seele spricht. Ich wüsste auch gar nicht, weshalb ich unsterblich sein wollen sollte? Um bis in alle Ewigkeit zu arbeiten und mich um den Haushalt zu kümmern? Gruselige Vorstellung. Ich bin doch nicht Sisyphos… Selbst gesetzt den Fall, dass wir körperlich und geistig an ein ewiges Leben angepasst wären, sehe ich in Unsterblichkeit keinen Vorteil gegenüber einem endlichen Leben. Weder persönlich noch gesellschaftlich.

Was ist so schlimm daran, wenn ich nach meinem Ableben vergessen werde? Kein “Denkmal” hinterlasse? Nach meiner Überzeugung (gestützt durch Erfahrungen während diverser Vollnarkosen) wird mich das nach meinem Tod nicht im Geringsten mehr interessieren, weil da einfach kein Bewusstsein mehr übrig ist. Und der Rest der Bevölkerung ist sich sowieso selbst genug.

* Wer’s mit Nietzsche nicht so hat, kann sich alternativ auch ST:Voyager, Folge “Death Wish” anschauen. Kommt in etwa aufs Selbe raus. ^^

Dierk HaasisDierk
Na, was der Herr für die Unsterblichkeit tun wollte in seinen 23 Jahren, hat allerdings wenig mit ewig leben und viel mit Schaffen für das Seelenheil zu tun, Jürgen. Das große Probleme dieses Wunsches nach Unsterblichkeit ist ja nicht, dass wir Ernährungsprobleme bekämen oder unsere Lieben sterben sähen – obwohl dies nun einmal die praktischen Alternativen sind. Das Problem ist, sich am Tod zu orientieren.

Religionen bauen alle darauf auf, dass Menschen nichts verpassen wollen. Sie versprechen ein Leben nach dem Tod, dass uns ermöglicht unsere Nachfahren zu beobachten [mit diesem Gedanken wünsche ich euch viel Spaß beim Sex oder Popeln] oder gar Einfluss auf ihr Leben zu nehmen. Wir verehren daher irgendein Versprechen von Unsterblichkeit, anstatt uns darauf zu konzentrieren, das Leben zu genießen. Nicht der Tod gibt unserem Leben einen Sinn, er gibt ihm nur einen Endpunkt. Auch ist kein Sinn vorherbestimmt. Wir müssen unserem Leben jeden Tag aufs neue selbst Sinn verleihen. Zugegeben, das ist nicht ganz einfach, da muss man sich bemühen, da muss man bewusst leben, da darf man sich nicht blind auf angeblich fertige Konzepte verlassen.

Der Punkt ist somit zu leben. Nicht sein ganzes Leben zu sterben.

ErbloggtesErbloggtes
Ich halte ja den Traum von der Unsterblichkeit für einen allgemeinmenschlichen logischen Fehlschluss: Wir wollen aufgrund unserer genetischen Ausstattung üblicherweise nicht heute sterben und nicht morgen, würden bei gleicher Gesundheit lieber 88 werden als 78. Denn Leben ist besser als Sterben, lautet wohl eine unserer basalen Programmierungen. Nur indem wir diese Grundsätze bis ins Unendliche (über)treiben, entsteht überhaupt unsere vage Vorstellung von ewigem Leben. Das ist aber für unseren Verstand gar nicht richtig erfassbar. Ewiges Leben ist ein Begriff ohne Anschauung, ein leerer Begriff.
Dennoch spielt Unsterblichkeit eine wichtige Rolle im menschlichen Denken. Ihr habt ja fast alle betont, dass es besser ist, richtig zu leben als unsterblich zu sein. Sowas in der Art meint wohl auch Nietzsche. Und sowohl in der christlichen Lehre, als auch in der Philosophie hat der Unsterblichkeitsgedanke häufig die Funktion, zum besseren Leben aufzufordern: Kant zum Beispiel, der hat’s ja immer schon gewusst, dass wir über die Unsterblichkeit (der Seele) nichts wissen können. Dennoch erklärt er hinsichtlich der Lebenspraxis: “weise ist, so zu handeln, als ob ein andres Leben und der moralische Zustand, mit dem wir das gegenwärtige endigen, sammt seinen Folgen beim Eintritt in dasselbe unabänderlich sei.” (Das Ende aller Dinge, AA VIII, 330)
Aus meiner Sicht geht es dabei nicht um ein Jüngstes Gericht, sondern darum, Entscheidungen nicht nach kurzsichtigen Nutzenerwägungen zu treffen, sondern mit der Perspektive, wie wir richtig leben wollen – auch wenn wir so unendlich leben müssten. – Gemeinsam mit lieben Menschen und leichten Rauschmitteln um einen Tisch zu sitzen und tiefgehenden Gedanken nachzuhängen entspricht dem jedenfalls schon ziemlich gut.

Ute GerhardtUte
Also quasi eine Visualisierungshilfe, was wir zukünftigen Generationen antun, wenn wir selbst so leben, als käme nach uns die Sintflut? Interessanter Gedanke. Allerdings ist das dann ja nicht wirklich der konkrete Wunsch nach ewigem Leben, sondern nur ein Gedankenspiel à la “Was wäre wenn”, während aber genügend Menschen tatsächlich das Verlangen nach ewigem Leben zu haben scheinen.

Ich persönlich glaube, dass dieser Wunsch – neben der von Dierk erwähnten Angst, etwas zu verpassen – oft genug schlicht auf der irrigen Annahme beruht, man sei unersetzlich. Vielleicht auch manchmal auf der unangenehmen Erkenntnis, dass man es eben nicht ist, gepaart mit der Angst, das Umfeld könnte genau das herausfinden. ^^

Joachim
Das ist mir viel zu akademisch hier. Wollt ihr wirklich alle sterben? Die Bestrebungen, “biologisch oder kybernetisch”, wie Lars sagt, Unsterblichkeit zu erreichen, zielen doch gar nicht auf unendliches Leben ab. Ihr Ziel ist es Alter und Krankheit zu besiegen. Daraus folgt die Unsterblichkeit als unerwünschte Nebenwirkung.

Ich habe keine Angst vor dem Tod, den kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich habe Angst vor Alter, Krankheit und Sterben.

jhermesjhermes
Aber Joachim, hier hat doch niemand getönt, keine Angst vor dem Sterben zu haben. Vielleicht lassen wir den Gedanken ans Dahinscheiden und seiner Konsequenz, den Tod, einfach nicht an uns heran. Und setzen uns stattdessen mit einer anderen Angst (der vor der Ewigkeit) auseinander. Die Taktik ist doch bestechend: Da es nur eins von beiden geben kann – tertium non datur – pickt man sich das heraus, was man für das Unwahrscheinlichere hält und von dem man (wie Erbloggtes richtig feststellt) gar keinen Begriff hat. Dann trägt man einiges an rationalen Überlegungen zusammen, welche die Angst vor diesem Unwahrscheinlichen rechtfertigen und baut sich damit einen prima Strohmann, den man dann feierlich verbrennen kann. Natürlich müsste ich mich vor dem Tod fürchten, schließlich bin ich ja unersetzlich – für mich. Aber ich verdränge.

Dierk HaasisDierk
Wir müssen vor allem aufpassen, Tod und Sterben nicht zu verwechseln. Der Tod ist das Nichts nach dem Sterben. Wenn wir Glück haben, wachen wir eines Morgens einfach nicht mehr auf und das war’s. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass der akute Prozess des Sterbens – also nicht die etwas elfenbeinturmige Idee, dass wir ab der Geburt im Sterbeprozess sind – sehr oft äußerst unangenehm ist.

Nee nee, verrecken wie meine Eltern will ich auch nicht. Und wie bei meinen Eltern beobachtet, bin ich fast sicher, dass mein Geist [und Körper] im Hirnstamm und Kleinhirn alles tun wird, um am Leben zu bleiben, egal, was das Großhirn dazu sagt. Aber das sagt nichts zu Tod und Unsterblichkeit, die beide Konzepte außerhalb der instinktiven und reflexhaften Welt sind.

Ute GerhardtUte
Das sehe ich wie Dierk. Meine leibliche Mutter ist über einen Zeitraum von vier Jahren langsam & jämmerlich an Krebs gestorben. (Das Ganze fand dann sein Ende, als ich 13 Jahre alt war.) Vor dieser oder einer ähnlichen Art zu sterben habe ich also ggf. schon Angst. Aber Angst vor dem “Tot-Sein” an sich? Nein. Spätestens nach der ersten Vollnarkose war das bei mir vorbei.

felisfelis
Also, ich mag ja das Konzept, das wir Katzen da haben: Jedes bekommt 7 Leben, also hat jedes quasi 7 Chancen. Dann ist das mit dem Sterben nicht so endgültig und miez muss nicht so viel Angst vor den vierrädrigen Blechkisten haben. Natürlich macht das Sterben trotzdem keinen Spass und miez muss da sogar 7 mal durch! Aber wenigstens sind nicht einfach wegen eines kleinen Fehlers oder eines doofen Zufalls plötzlich Mitmiezen einfach weg. Und Langeweile kommt in so einem Miezenleben auch nicht auf. Schließlich ist es nicht so ganz unendlich und außerdem gibt es ja Laserpointer! Maunz!

Bild: “Zeit ist Unendlich” von Louis Reinders, Lizenz: CC-BY-NC-SA

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5 Kommentare zu Sterben gefährdet ihre Unsterblichkeit

  1. KarlRainer sagt:

    Ewig leben

    Erstaunlich – erstaunlich, – dieses „um den heissen Brei“ Herumreden. Das kommt daher weil
    der Brei mit der Materie und der Biologie nicht im Einklang zu stehen scheint. Jaja: scheint.

    Freud nannte den Brei „schwarze Schlammflut“ wenn ich das richtig erinnere. Kein Wunder schleicht man sich, wenn höher gebildet, indigniert daran vorbei. Schliesslich ist der mit dem Bärtchen Akademiker hmm gewesen. Der Jung? na jaa das war doch dieser Schweizer odder?

    Lange ist’s her, da wurde der Vatikan gefragt wie lange denn eine „Ewigkeit“ sei. Die Antwort war: Eine Milliarde Jahre. Neun Nullen (für englisch denkende). Unser Planet ist also vierkommasoundso Ewigkeiten alt , na gut, jung.

    Wo war ich kleben geblieben… eben, der Brei, der heisse. Das wisst ihr doch! Ihr müsst es hier aba nicht schriftlich darlegen neinein – ICH bin ja da! Der einfache, siebzigjährige Laie mit Breitbandbildung und genügend Paranoia (häufig gebrauchtes Wort von Vernuftmenschen) über die Verschränkung von diesen Dingerchen hinauszudenken, zu fabulieren, zu fantasieren, zu grübeln.

    Es ist also aus der Perspektive des heissen Breis betrachtet, der Toood (langes hohles Echo einer leeren Tiefgarage) diese Türe, nein, Pforte, Pforte klingt poetischer, zum äh zum Drüben. Gut, auch ich habe Hemmungen dieses hier mit „Drüben“ umschriebene Wort über die Internetsatelliten zu verteilen. Denn wer das ausspricht ist doof.

    Vielleicht haben ja einige von euch den Mut zum aussergewönlichen Experiment:
    Vor dem Einschlafen denken: Ich möchte mein persönliches Jenseits besuchen.

    Ups! jetzt ist’s mir doch noch rausgerutscht.

    Empfehlung: Beim ersten mal etwas weiches neben das Bett legen. Es besteht nämlich die Gefahr des herausfallens. Wer Angst hat sowas verrücktes zu tun, lasse es lieber bleiben. Ich lehne jede Verantwortung ab. Um zu ergründen wie das Hirn dabei funzt lese man, wenn akademisch umzäunt, Werke bekannter etablierter Hirnforscher wie zum Beispiel Ramachandran, und… na – ich habs auf der Zunge….
    Für die welche in den anderen fünfzig Prozent der Realität (hähä) herumstochern wollen gibt es tonnenweise Schlammflut-Literatur.
    (Feierlich): Rudolf Steiner, Carlos Castaneda, Robert Monroe, Elisabet Kübler Ross, Swami Braphupada, Armin Risi, etwa sechzig Philosophen von Heraklit (alles fliesst) bis Vossenkuhl.

    Ich persönlich mag mehr den Dürr. Und den Feynman natürlich. Aba der lebt ja nimma.

    Wirklich?

    Sans griässt

    KarlRainer

  2. Christian sagt:

    Dem Sterben bin ich schon oft begegnet; der Tod hat viele Gesichter, er kann mild und grausam sein, aber am Ende wird er alles gleichgültig sein lassen. Ich finde eher das Totsein beängstigend: Plötzlich weg, nicht mehr vorhanden. Unvorstellbar, vielleicht wehrt sich mein Geist deswegen dagegen.
    Was die Lust angeht: halte ich auch für wichtig, und Lust ist vielleicht auch der Grund für die Unsterblichkeitssehnsucht: Nach Lacan ist Lust die Trennung, die ewige Nicht-Erfüllung des Verlangens. Vielleicht haben wir eine solche Lust an der Unsterblichkeit und auch am Tod, weil wir ersteres nie erreichen und zweiteres nur ein Mal, allerdings ist die Erfüllung schon nicht mehr Teil der Lust, sondern das Ende. Schwer vorzustellen: das Ende der Existenz.
    Rolands Position halte ich für zu radikal dekonstruktivistisch: natürlich sind die meisten Kontinuitäten konstruiert; was aber bleibt, wenn man selbst dem Individuum die Kontinuität abspricht? Ich halte das zudem für unzulässig, da zwar der einjährige und der tausendjährige weit voneinander entfernt wären, aber jede Zwischenstufe auf den Erfahrungen der vorhergehenden basiert, ohne diese also gar nicht so existieren könnte. Ich denke, das schießt übers Ziel hinaus.

  3. Pingback: Die schleichende Ausweitung des Urheberrechtes | Schmalenstroer.net

  4. Roland sagt:

    Ich glaube, das Problem an der Ewigkeit wäre gar nicht mal die Langeweile – sondern die 100%ige Wahrscheinlichkeit, dass man früher oder später alles erleben müsste. Ein Haupt-Vorteil der Endlichkeit des Seins wäre somit, dass einem eine ganze Menge erspart bleiben kann.

    Und nicht nur, dass man auch die unwahrscheinlichsten Unbilden irgendwann in der Ewigkeit mal über sich ergehen lassen müsste – man müsste es sogar für eine Ewigkeit tun. Denn in der Ewigkeit ist genug Platz für etliche Ewigkeiten (wie hieß das noch? Aleph?) …

    Klar – es wäre auch Platz für ewig währende Orgasmen. Aber ob das eine das andere aufwiegt …?

    Wie auch immer – der Begriff der ewigen absoluten Unsterblichkeit selbst ist dermaßen theoretisch, dass es in der Überlegung darum eigentlich gar nicht gehen kann. Wenn überhaupt kann man hier nur über die “relative Unsterblichkeit” sprechen, wie es bei “Perry Rhodan” so schön genannt wird.

    Und somit ist die Option gar nicht Endlichkeit oder Unendlichkeit des Lebens. Denn auch eine Seegurke (so sie denn tatsächlich biologisch unsterblich ist) wird früher oder später gefressen, geht an einer Krankheit zugrunde oder fällt sonstwie der Entropie anheim.

    Hinzu kommt, dass es mit der Kontinuität unseres “einen Lebens” doch letztlich auch nicht sonderlich weit her ist. Ich möchte mal die Behauptung aufstellen, dass der Junge und auch der Jugendliche, der ich mal war, längst nicht mehr existieren.
    Was hätte ich also jetzt von der Gewissheit (oder wenigstens der hohen Wahrscheinlichkeit), dass es in zweihundert – oder meinetwegen sogar dreitausend Jahren ein Bewusstsein gibt, dass sich direkt aus meinem heutigen entwickelt hat?
    Vermutlich nix.

    Außer vielleicht, dass es mir ein wenig die kreatürliche Angst vor dem Sterben nehmen würde.

    Wisst ihr was? Völlig unabhängig von allen vorangegangenen Überlegungen … Ich würd das mit der (relativen) Unsterblichkeit einfach mal ausprobieren wollen. Über Langeweile lamentieren könnt ich dann in zwei, drei tausend Jahren immer noch. ;-)

    • KarlRainer sagt:

      Ewig leben

      Erstaunlich – erstaunlich, – dieses „um den heissen Brei“ Herumreden. Das kommt daher weil
      der Brei mit der Materie und der Biologie nicht im Einklang zu stehen scheint. Jaja: scheint.

      Freud nannte den Brei „schwarze Schlammflut“ wenn ich das richtig erinnere. Kein Wunder schleicht man sich, wenn höher gebildet, indigniert daran vorbei. Schliesslich ist der mit dem Bärtchen Akademiker hmm gewesen. Der Jung? na jaa das war doch dieser Schweizer odder?

      Lange ist’s her, da wurde der Vatikan gefragt wie lange denn eine „Ewigkeit“ sei. Die Antwort war: Eine Milliarde Jahre. Neun Nullen (für englisch denkende). Unser Planet ist also vierkommasoundso Ewigkeiten alt , na gut, jung.

      Wo war ich kleben geblieben… eben, der Brei, der heisse. Das wisst ihr doch! Ihr müsst es hier aba nicht schriftlich darlegen neinein – ICH bin ja da! Der einfache, siebzigjährige Laie mit Breitbandbildung und genügend Paranoia (häufig gebrauchtes Wort von Vernuftmenschen) über die Verschränkung von diesen Dingerchen hinauszudenken, zu fabulieren, zu fantasieren, zu grübeln.

      Es ist also aus der Perspektive des heissen Breis betrachtet, der Toood (langes hohles Echo einer leeren Tiefgarage) diese Türe, nein, Pforte, Pforte klingt poetischer, zum äh zum Drüben. Gut, auch ich habe Hemmungen dieses hier mit „Drüben“ umschriebene Wort über die Internetsatelliten zu verteilen. Denn wer das ausspricht ist doof.

      Vielleicht haben ja einige von euch den Mut zum aussergewönlichen Experiment:
      Vor dem Einschlafen denken: Ich möchte mein persönliches Jenseits besuchen.

      Ups! jetzt ist’s mir doch noch rausgerutscht.

      Empfehlung: Beim ersten mal etwas weiches neben das Bett legen. Es besteht nämlich die Gefahr des herausfallens. Wer Angst hat sowas verrücktes zu tun, lasse es lieber bleiben. Ich lehne jede Verantwortung ab. Um zu ergründen wie das Hirn dabei funzt lese man, wenn akademisch umzäunt, Werke bekannter etablierter Hirnforscher wie zum Beispiel Ramachandran, und… na – ich habs auf der Zunge….
      Für die welche in den anderen fünfzig Prozent der Realität (hähä) herumstochern wollen gibt es tonnenweise Schlammflut-Literatur.
      (Feierlich): Rudolf Steiner, Carlos Castaneda, Robert Monroe, Elisabet Kübler Ross, Swami Braphupada, Armin Risi, etwa sechzig Philosophen von Heraklit (alles fliesst) bis Vossenkuhl.

      Ich persönlich mag mehr den Dürr. Und den Feynman natürlich. Aba der lebt ja nimma.

      Wirklich?

      Sans griässt

      KarlRainer

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