Am Pol ohne Atomstrom

Joachim
Ein alkoholfreies Pils, bitte, ich muss noch fahren.

Es ist ja nicht so einfach mit dem Bloggen und der politischen Meinung. Ich habe ein paar mal zu Atomkraft gebloggt. Zum Beispiel darüber, dass die Angst vor radioaktiver Strahlung oft überzogen ist, oder über die Prinzipielle Beherrschbarkeit von Atomkraft. Alles so wissenschaftlich wie ich kann, versteht sich. War ja bei den SciLogs. Tja, und nun glauben einige meiner Freunde und viele meiner Leserinnen und Leser, ich sei Atomkraft-Befürworter. Einmal bat mich sogar ein Pro-Atom-Pirat, einen Vortrag für ihn zu übernehmen.

Dabei ist das alles viel komplizierter. Ich wünsche mir von Herzen eine Welt, in der sich auch Otto Mohl am Pol ohne Atomstrom wohlfühlen kann. Allein, mir fehlt der Glaube. Oder besser: Ich sehe Studien, die zeigen, dass unser Strombedarf wunderbar durch erneuerbare Energien gedeckt werden kann, und hoffe, dass das stimmt. Und ich sehe Studien, die zeigen, dass wir nur die Wahl zwischen mehr Kohle oder neue Atomkraftwerke haben, und befürchte, dass das stimmt. Die ersten Studien werden in der Regel von Umweltschutz-Organisationen oder neuerdings von der Regierung in Auftrag gegeben, die letzteren werden von Interessenverbände der Kraftwerksbetreiber oder früher von der Regierung bezahlt. Welcher Lobby soll ich jetzt glauben?

Ich glaube zu verstehen, woher die Diskrepanzen kommen. Nein, nicht durch Bestechung,  nicht dadurch, dass die Auftraggeber uns belügen wollen. Das Problem sind unterschiedliche Grundannahmen: Unterschiedliche Annahmen über technische Machbarkeiten, über Marktmechanismen, über Konsumentenverhalten, über politische Durchsetzbarkeiten. Mir fehlen die Informationen und die Erfahrung, diese Annahmen zu überprüfen. Und mir fehlt die Zeit, mir Informationen zu beschaffen und Erfahrungen zu sammeln. Und so geht es leider auch den Journalisten, die über solche Studien durchaus kritisch berichten wollen, es aber nicht können.

Ob es machbar ist, Kohle- und Atomkraft zugleich zu reduzieren und langfristig auf beides zu verzichten, werden wir wohl erst wissen, wenn wir es versucht haben. Deshalb bin ich gegen Atomkraft. Lasst doch die Regierung mit aller Kraft versuchen, erneuerbare Energien voranzutreiben. Schlimmstenfalls importieren wir dann aus Frankreich und der Tschechischen Republik, die können genau so gut Strom produzieren, wie wir.

Der Atomausstieg mag ein Experiment mit ungewissem Ausgang sein. Er mag ein teures Experiment werden. Er könnte scheitern. Aber er verfolgt ein gutes Ziel: Eine Welt, die weniger Angst macht. Warum sollten wir es nicht versuchen?

Weißt du was, bring mir doch ein gewöhnliches Bier. Das Auto mal stehen zu lassen, ist auch eine vernünftige Idee. 

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25 Kommentare zu Am Pol ohne Atomstrom

  1. KarlRainer sagt:

    Ne doppelte Caipirinha bittsche, bin tschu Fusch hia.
    Der Laie mit braschillianisschem Hintegrund empffiilt:
    Den Begriff “dagobert duck” googeln (es geht auch eine andere Schuchmassine).
    Da finden wir die Antworten füa einen groschteil der hia wisch… wissenschachtlich mit Blattgold veredelten Roststellen.
    Danke für das Meditschin, gleich gehts mir bescher.
    Wo war ich stehen geblieben… ach ja, und wenn die duck’sche Lebensfilosoffie nix verstanden wird, dann genügt auch auch die BBC-Serie “Freud und Frodo”.

    Oder ganz einfach Macchiavellis “Discorsi”. Ist ja erst fünfhundert Jahre alt. Also laaange nach Hammurabi.
    Wie gesagt: für einen Geil äh Teil. Ja, Grossteil.
    Higgs!

  2. Bau401 sagt:

    Eigentlich darf man ja gar keine Energie erzeugen, wenn es um Umweltfreundlichkeit geht.

    Kernkraftwerke: Strahlungsrisiko
    Kohle-/Öl-/Gaskraftwerke: Starke CO2-Emmission
    Solarenergie: Schlechte energetische Amortisation und keine Eignung für Großkraftwerke, sowie nur temporäre Verfügbarkeit
    Windkraftwerke: “Vogelschredder”(?) und unästhetisch
    Off-Shore-Windkraft: Energietransport-Schwierigkeiten, ununtersuchten Einfluss auf Meereslebewesen durch Vibration
    Stauseen: Zerstörung von Lebensräumen
    Laufwasserkraftwerke: Problematik mit Fischen

    Hab ich etwas vergessen?

    Übrig bleiben dann Gezeitenkraftwerke und Geothermie.
    Gezeitenkraftwerke sind aber nur ab einem gewissen hohen Tidenhub effektiv und Geothermie ist noch sehr jung und rechnet sich auch nicht überall.

    Eigentlich bräuchten wir eine völlig neue Art Energie zu Erzeugen…

    • @mschfr sagt:

      Eine Lösung ist übrigens auch, einfach weniger Energie zu verbrauchen. Ich kann in meinem amerikanischen SUV 20 Liter Sprit auf 100km verbraten oder in einem technisch besseren Auto mit irgendwo zwischen 4-6 Litern auskommen. Ich kann meine Fenster dämmen, dann brauche ich nicht mehr so viel Heizöl und so weiter. Ich muss nicht die vielzitierten Garnelen zum pulen nach Marokko schicken oder Alpenmilch in Hamburg verkaufen. Weniger Energieverbrauch bedeutet weniger Treibhauseffekt, da muss man dann auch keine Atomkraftwerke bauen.

      • Quantenwelt sagt:

        Ist das so einfach? Wie setzten wir es politisch durch? Reicht Energiesparen auf freiwilliger Basis, oder schaffen wir Anreize? Positive durch Subventionen oder negative durch Abgaben, Preiserhöhung? Oder besser rationieren? Pro Kopf, pro Haushalt oder nach Bedarf? Wie ermitteln wir den hinzunehmenden Energiebedarf einer Person? Wie ist das mit der sozialen Marktwirtschaft zu vereinbaren?

        Hier auf Kneipenniveau erlaube ich mir mal, einfach diese Fragen herauszupöbeln. Nimm’s bitte nicht persönlich. ;-)

        • @mschfr sagt:

          Viel kannst du bereits über recht simple Maßnahmen erledigen und weiteres machen die steigenden Rohölpreise wett. Sowas wie Makrelenpulen in Marokko oder Schweine nach sonstwo zum Schlachten transportieren lohnt sich häufig nur wegen entsprechender Subventionen. Kickst du die, hat sich das recht schnell mit dem weiten Transport. Schau etwa mal in die USA, die aufgrund der gestiegenden Transportkosten z.T. wieder Produktion aus China zurückholen. Weiterhin haben wir ja bereits massive, politisch gewollte Abgaben auf den Transport. 58% des Benzinpreises gehen direkt an den Staat, ohne könntest du für schnuffige 65 Cent tanken.

          Eigentlich wollte ich damit aber nur sagen, dass auch Energieeinsparung ein Teil der Energiedebatte sein sollte.

  3. Quantenwelt sagt:

    Wo wir gerade bei Ängsten sind. Die Atomkraft-Befürworter tragen natürlich auch ein paar Ängste mit sich herum:
    Das ist zum einen die Angst, dass die Atomkraft durch mehr Kohle ersetzt wird, statt durch die versprochenen erneuerbaren Energien. Die Angst von weltweiten Überschwemmungen an einigen und Dürrekatastrophen an anderen stellen, oder vor stärker werdenden Hurrikanes kann ich ebenso gut nachvollziehen, wie die vor einem Super-GAU.
    Zum anderen ist die Angst vor Versorgungsunsicherheiten mit weitreichenden Back-Outs. Solche Black-Outs führen nicht nur zu romantischen Abenden bei Kerzenschein, sondern auch zu Unfällen und Todesfällen durch Ausfall von Notrufsystemen oder Versorgungseinrichtungen in Krankenhäusern und Pflegestationen.

    • Quantenwelt sagt:

      Anekdotische Nebenbermerkung, weil wir gerade so schön in der Kneipe sitzen: Ich habe in Schweden mal so einen Weitreichenden Back-Out miterlebt. Für mich war es nicht dramatisch, keine Notsituation und geringer Sachschaden. Das im Zusammenhang mit dieser Diskussion ironische: Der Back-Out wurde durch einen Synchronisierungsfehler in einem Atomkraftwerk ausgelöst.

  4. @mschfr sagt:

    Ich bin erstaunt über den Glauben an Technokraten hier. Man kann jetzt lange darüber diskutieren, ob und wie Demokratien über Großprojekte entscheiden und ob bei der Atomkraft (oder Stuttgarter Bahnhöfen) irrationale Ängste die Entscheidung in eine falsche Richtung beeinflussen, aber: Auch Technokraten machen Fehler und das nicht zu knapp. Irrationalen Ängsten auf der einen stehen auf der anderen Seite zu häufig eben Überheblichkeit, Machbarkeitsdenken, Betriebsblindheit und eine fachliche Filter Bubble gegenüber.

    • Quantenwelt sagt:

      Und genau das ist doch mein Punkt. Es ist völlig unerheblich, wie irrational die Ängste sind. Sie sind da und das müssen wir ernst nehmen.

    • Stefan sagt:

      Was ist ein Technokrat? Wenn die Regierung Atomkraft befürwortet, besteht sie aus Technokraten, denen die Zukunft unserer Kinder egal ist, weil wir ihnen eine vertrahlte Erde zurücklassen. Und umgekehrt: Wenn sie die Atomkraft nicht befürwortet, aber die Energiewende nicht gelingt, dann war die Wende schlecht geplant, also mit zu wenig Technokraten. Das Wort Technokrat ist wohl eher eine Strohpuppe und trägt nichts zur Diskussion bei. (Ähnlich übrigens wie das Wort “Industrie”, wenn es um Lebensmittel oder Arzneimittel geht).

      • Quantenwelt sagt:

        Nein, Technokratie ist, wenn nicht die Mehrheit oder eine Vertretung der Mehrheit die politischen Entscheidungen trifft, sondern ein Gremium von Sachverständigen. Technokraten sind Regierende, die ihre Macht nicht auf demokratische sondern auf technische Legitimation stützen.

        Das können wir nicht wollen und zwar aus dem von @mschfr genannten Grund: Auch Experten können irren und lange nicht jede Entscheidung kann auf eine einfache Kosten-Nutzen-Analyse reduziert werden.

  5. jhermes jhermes sagt:

    Ich verstehe nicht ganz, weshalb viele Kommentare hier Angst bei dem Thema Atomkraft fast automatisch mit Irrationalität zu verknüpfen. Nach den paar Tagen im März vor zwei Jahren halte ich Angst im Gegenteil für rational geboten. Vorher habe ich auch die Endlagerproblematik für das drängendste Problem gehalten, das bei der friedlichen Nutzung von Kernenergie irgendwie gelöst werden muss. Ich wurde eines Besseren belehrt – offenbar sind schon die bestehenden Kraftwerke ein riesiges Problem: schmelzende Reaktorkerne, Wasserstoffexplosionen, lecke Containments, ungekühlte Abklingbecken, Wasser mit Strahlendosen > 1Sv ergießt sich tagelang in die freie Wildbahn, verwegene Kühl-Versuche per Hubschrauber usw.

    Es stand Spitz auf Knopf, auch wenn die meisten das inzwischen schon wieder vergessen zu haben scheinen: Das Gelände wurde nur nicht evakuiert sich selbst überlassen, weil der Premierminister das Unternehmen Tepco anwies, den Evakuierungsbefehl aufzuheben. Wäre dies unterblieben, wären nun große Teile Japans unbewohnbar. Und wahrscheinlich wäre auch die Aufnahmekapazität des Pazifiks, der größten Verdünnungsmaschine, die wir auf der Erde überhaupt haben und die irgendwie glücklicherweise direkt in der Nähe des Kraftwerks Daiitchi brandet, erschöpft gewesen, wenn das gesamte dort lagernde Material fröhlich vor sich hin geschmolzen/explodiert wäre.

    Ich habe von den Kernkraftbefürwortern in diesen Tagen wenig bis nichts gehört (jedenfalls nachdem das Ausmaß nach und nach bekannt wurde), bis auf eine zynische Aufrechnung der Opferzahlen durch Erdbeben, Tsunami und Reaktorkatastrophe und die Feststellung, dass bei uns die Kraftwerke wahrscheinlich keiner großen Flutwelle begegnen würden. Es braucht keinen Tsunami, um Abklingbecken leck zu schlagen und das Kraftwerk von der Stromversorgung abzuschneiden. Da reicht ein gezielter Angriff. Vertrauenserweckende, plausible Gegenargumente sehen anders aus, oder? Tut mir leid für die Fukushima-Keule, aber für mich waren die Ereignisse dort doch extrem beeindruckend. Und ein Grund, die Angst zu haben, die der Joachim gerne aus der Welt schaffen würde.

    • Joerg sagt:

      Ausserdem waere sehr wahrscheinlich Godzilla erwacht, haette, wie jeder weiss dann den Weg nach New York eingeschlagen und das Chrysler Building verspeist. Und wie jeder weiss, bedeutet eine Verspeisung des Chrysler Buildings die Explosion der Sonne, was ausserdem ein Loch ins Raum-Zeit-Kontinuum schlaegt und das Universum in sich zusammenstuerzen laesst. JA SO KNAPP WAR DAS!

    • jhermes jhermes sagt:

      Wir wollen euch den Fortgang der Diskussion zu diesem Kommentar auf dem Twitter-Klo nicht vorenthalten – Berechnete Irrationalität, ein Storify.

    • Bau401 sagt:

      Angst selbst ist nicht immer irrational, aber es kommt immer darauf an aus welchen Gründen man Angst hat. Angst aufgrund von “nicht verstehen” ist irrational.
      Mir fällt da spontan ein Beispiel aus der Vergangenheit ein:
      “Hexerei! Auf den Scheiterhaufen mit ihnen!”

  6. Bau401 sagt:

    Ich stelle von vornherein einmal fest: Ich bin weder gegen noch für die Stromerzeugung aus Kernenergie.
    Aber ich muss einmal anmerken, dass z.B. die Erforschung der Transmutation sehr großes Potential aufweißt. Der langlebige radioaktive Abfall würde weiter in nutzbare Energie und kurzlebigere Nuklide umgewandelt.
    Für mich bedeutet “Atomausstieg” das Deutschland bzw. die deutschen Energieversorger jetzt und in Zukunft keine Energie aus Kernenergie produzieren dürfen. Daraus folgt das auch Kernfusionsreaktoren und weiterführende Technologie untersagt sind.

    Auch wenn es den meisten nicht gefällt: Der technologische Fortschritt wird hauptsächlich dadurch ausgebremst das die Mehrheit eine irrationale Angst aufgrund von Unverständnis hat. “Versteh ich nicht, also bin ich dagegen!”, dass ist das Motto schlechthin.

    Und die Politik ist auch nicht besser. Im Grund ist es doch so: Die amtierende Regierung hat einen guten Plan, die Opposition ist natürlich dagegen, egal wie brilliant dieser ist und letztendlich wird er wieder verworfen. Nach der nächsten Wahl ist die vorherige Opposition an der Macht und schlägt genau das gleiche vor, doch es wird erneut nicht umgesetzt da jetzt die anderen Parteien dagegen sind.

  7. Dierk Haasis Dierk Haasis sagt:

    Gesellschaftliche Entscheidungen, die gar noch auf eine ferne Zukunft Einfluss haben sollen, sind nun mal keine reine Abwägung von technischen Gegebenheiten. Wäre das so einfach – Kosten-Nutzen-Analyse auswerten, fertige Entscheidung – bräuchten wir keine Demokratie, sondern kämen gut mit einer Technokratie hin. Bei der Leistung, die Computer inzwischen erreichen, könnten wir sogar weitgehend auf Menschen verzichten.
    Natürlich spielen Ängste und Wünsche eine Rolle. Natürlich unterscheiden die sich ganz erheblich, manchmal sind sie auch komplett irrational. Meist unterscheidet sich nur die Gewichtung, und das hat nicht immer was mit Bestechlichkeit, Dummheit oder allgemeiner Korruption zu tun.

    • Joerg sagt:

      Das stimmt so aber nicht. Was soll es denn anderes sein als Kosten-Nuzten-Abwaegungen? Die Farbe in der das Kraftwerk gestrichen wird?
      Natuerlich ist es eine Kosten-Nuzten-Abschaetzung, aber das ist eben nicht einfach. Es ist schwierig, die Kosten aufzuaddieren, da es verschiedene Arten an Kosten gibt, Geld, Gesundheit, Risiko etc. Das kann sicher kein Computer mal eben tun, daher ist es eine gesellschaftliche Entscheidung.
      Das kann man jetzt Technokratie nennen oder wie auch immer, das ist fuer mich ein sehr inhaltsleerer Begriff. Wenn es bedeutet, dass Entscheidungen auf der Basis der besten verfuegbaren Fakten getatetigt werden, bin ich absolut dafuer.
      Aber dafuer haben wir doch eine repraesentative Demokratie, damit wir Leute waehlen die die Zeit haben sich damit umfassend zu beschaeftigen. Wie gut dass klappt sei dahingestellt, aber wenn jemand sein oder ihr Recht zur Wahl hat wie jede_r andere, dann sehe ich nicht ein dass der/diejenige dann auch noch gleichberechtigten Einfluss auf Entscheidungen haben soll, wenn er/sie nichts als ignorante Schlagworte beizutragen hat,

  8. Stefan sagt:

    Was mich an der Debatte stört, ist der vermeintliche Zwang sich überhaupt auf eine Pro- oder Contraposition zu begeben. Ich finde es beängstigend, dass man in Deutschland bestimmte Technologien (Kernkraft, Gentechnik, Schwebetechnik, Glasfasertechnik, Mobilfunk, Systemgastronomie, etc.) nicht einfach kritisch hinterfragt, Risiko und Nutzwert abwägt und das beste aus ihnen macht, sondern immer gleich gesetzlich verbieten will – rigoros, ein für alle mal, am besten ins Grundgesetz ganz vorne rein. Ich denke es handelt sich dabei einfach nur um eine politische Machtstrategie, eine Methode: Wir haben numal in D nicht nur eine Protestkultur und ein Wutbürgertum, sondern auch eine politische Partei, die als “Protestpartei” darauf spezialisiert ist, solche Stimmungen anzuheizen und in Wählerstimmen umzuwandeln. Das ist zwar legitim, führt aber nicht zu einer Politik mit Augenmaß. Stattdessen werden Fragen, denen man mit Vernunft begegnen sollte, über alle Maßen emotional geführt.

    • Quantenwelt sagt:

      Mit “Protestpartei” meinst du die CDU, oder? ;-)
      Das Problem ist doch, dass Großtechnologien, wie Kernkraftwerke, Köhlekraftwerke und auch Windparks, nie unpolitisch waren und es auch nie sein werden. Der Staat kann bei diesen Entscheidungen nicht nur die Rahmenbedingungen festlegen und dem Markt die Entscheidung überlassen. Es wird immer gern so getan, als seien die mittlerweile privatisierten Energieriesen Privatunternehmungen, die irgendwann unter Duldung des Staates Kraftwerke gebaut haben. In Wirklichkeit ist aber jedes einzelne Großkraftwerk auf Grundlage einer politischen Entscheidung, nicht einer Marktentscheidung entstanden.

      Meines Erachtens muss das so sein, weil die Energieversorgung uns alle angeht. Wir alle tragen die Kosten und haben den Nutzen. Wenn nun aber die Entscheidung, welche Großanlagen gebaut werden sollen, eine politische ist, müssen wir die Bedenken der Mehrheit berücksichtigen, selbst wenn sie aus dem Bauch heraus angenommen werden. Oder wie @mschfr sagt: “irgendwann einfach mal entschieden”

  9. Joerg sagt:

    Ich stimme ja zu, aber der Argumentation halber mal zwei Sachen:

    - Wenn wir mittlerweile neuere Technologien haben, mit denen wir bessere Reaktoren bauen koennen (Thoriumreaktoren), warum sollen wir das nicht versuchen? Also ich bedauere da schon, dass in den letzten 30 Jahren nicht so fleissig weitergeforscht worden ist, wie es haette sein koennen. Auf Wissen zu verzichten, ist nie gut. Und auf den wahrscheinlich gewinnbringenden Einsatz von guten neuen Technologien zu verzichten, weil …undurchsichtiges Mumreln… ist auch bedauernswert.
    Auf der anderen Seite, haette koennen, jetzt alle Arbeit in erneuerbare Energien stecken ist vielleicht die bessere Loesung. Und natuerlich nicht das wichtigste vergessen – Energie sparen!

    - Warum sollen rationalen Entscheidungen, die keine leichte Antowrt haben die irrationalen Aengste von Menschen so stark beruecksichtigen? Nur weil Menschen denken dass Kernkraft gefaehrlicher ist als Kohle, sollen wir uns dafuer entscheiden? Sollten Argumente, die aus Ignoranz geboren sind nicht ebenso ignoriert werden?

  10. @Mschfr sagt:

    Ich habe mit der Atomkraft mehrere Probleme, welche dazu führen, dass ich sie ablehne:

    - Die Endlagerung ist nicht gelöst und wird es auch in Zukunft nicht werden. Wir wissen schlicht und einfach nicht, wie wir Müll lagern sollen, der tausende von Jahren strahlt.

    - Auch Uran ist eine natürliche Ressource und auch Uran ist endlich. Wirklich zukunftssicher ist das auch nicht.

    Und vielleicht das wichtigste:
    - Die Betreiber der Kernkraftwerke haben gezeigt, dass sie nicht verantwortungsvoll mit der gefährlichen Technik umgehen können. Nicht nur die Konzerne wie Tepco oder Vattenfall, sondern auch die jeweiligen Ministerien. Wir hatten auch in DE diverse kritische Störfälle, wir haben ein völlig marodes Endlager (Asse), bei einem anderen Endlager (Gorleben) waren politische Faktoren wichtiger als wissenschaftliche und alleine dass es ein Wort wie “Leukämiecluster” gibt, sagt alles. Das steckt auch tief drin in der Unternehmens- und Ministeriumskultur. Im Prinzip müsste man für eine verantwortungsvolle Nutzung der Kernenergie neue Stromversorgungsunternehmen gründen.

    • Quantenwelt sagt:

      Ja, das sind halt die typischen Argumente der Anti-Atom-Lobby. Gegen jedes einzelne hat die Atom-Lobby ein ebenso plausibles Gegenargument. Was bleibt ist Ratlosigkeit.

      • @mschfr sagt:

        Naja, irgendwann muss man sich auch mal entscheiden. Ich hab mir natürlich auch die Argumente der Gegenseite angeschaut, bin dann aber zu dem Schluss gekommen, dass diese mich nicht überzeugen. Sich einfach nur hinzustellen und “keine Ahnung” zu sagen ist auch keine Lösung.

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